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Stetigkeit der Eigenwerte in Abhängigkeit der Matrixkomponenten

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Die Eigenwerte einer Matrix hängen stetig von den Komponenten der Matrix ab. Dies soll hier bewiesen werden. Man kann sogar noch weitere Abhängigkeitssätze beweisen, jedoch werden die Begründungen dann länger, siehe das Buch von Gohberg/Lancaster/Rodman (1982), Autoren sind Gohberg, Izrael' TSudikovich, Lancaster, Peter und Rodman, Leiba.

1. Satz: Satz von Rouché, Rouché, Eugéne (1832--1910).

Voraussetzung: f und g seien meromorph; Zf,Zg und Pf,Pg seien die Anzahl der Nullstellen bzw. Pole von f,g innerhalb Γ, entsprechend ihrer Vielfachheit.

Behauptung: Gilt |f+g|<|f|+|g|< auf Γ, so folgt ZfPf=ZgPg innerhalb von Γ.

Beweis: Nach Conway, John B., Conway (1978) "Functions of One Complex Variable", Springer-Verlag, New York Heidelberg Berlin, Second Edition, 1978, xiii+317 S. und Irving Leonard Glicksberg: "A Remark on Rouché's Theorem", The American Mathematical Monthly, March 1976, Vol 83, No 3, pp.186--187.

Aufgrund der strikten Dreiecksungleichung haben f und g keine Pole oder Nullstellen auf Γ. Weiter ist also

|f(z)g(z)+1|<|f(z)g(z)|+1,zΓ.

Die meromorphe Funktion λ=f/g bildet Γ auf Ω=C[0,[ ab, da andernfalls für positive reelle λ(z) gelten müsste λ(z)+1<λ(z)+1. Sei ein Zweig des Logarithmus auf Ω. (f/g) ist eine Stammfunktion von (f/g)1(f/g). Somit

0=12πiΓ(f/g)1(f/g)=12πiΓffgg=(ZfPf)(ZgPg).

    ☐

Bei mehrfacher Umlaufung von Γ ist die Aussage entsprechend zu modifizieren. Nach Glicksberg (1976) gilt der Sachverhalt allgemeiner in kommutativen, halbeinfachen Banachalgebren mit Einselement. Bekannter ist die schwächere Aussage: Aus |f+g|<|f|< auf Γ, folgt Zf=Zg innerhalb Γ.

2. Beispiel: Für p(z)=zn+a1zn1++an gilt

p(z)zn=1+a1z++anzn1(|z|).

Also

|p(z)zn1|<1,oder|p(z)zn|<|zn|,

für |z|R, R geeignet groß. Der Satz von Rouché sagt, daß die Polynome p(z) und zn gleichviele Nullstellen innerhalb der Kreisscheibe mit Radius R haben. Dies ist der Fundamentalsatz der Algebra.

Der nächste Satz besagt: Wenn sich die Koeffizienten zweier Polynome wenig unterscheiden, so differieren auch die Nullstellen nur wenig. Erinnert sei daran, daß eine Implikation wahr sein kann, falls die Prämisse falsch ist.

3. Satz: (Stetigkeit der Wurzeln von Polynomen) Voraussetzungen: Es seien p(λ):=λn+an1λn1++a1λ+a0 und q(μ):=μn+bn1μn1++b1μ+b0 zwei komplexe Polynome mit den Nullstellen λ1,,λn für p und μ1,,μn für q. Die Koeffizienten ai und bi sind beliebige komplexe Zahlen.

Behauptung: ε>0:δ>0: |aibi|<δ|λiμi|<ε, bei geeigneter Numerierung der Nullstellen λi und μi.

Beweis: Nach Ortega, James McDonough, Ortega (1972): "Numerical Analysis---A Second Course", Academic Press, New York and London, 1972, xiii+201 S.

Es seien γ1,,γk (k1) die verschiedenen Wurzeln von p. Sei ε kleiner gewählt als der kleinste halbe Abstand zwischen allen verschiedenen Nullstellen, also

0<ε<12|γiγj|,füri,j=1,,kij.

Um γi seien Scheiben Di mit Radius kleiner ε gelegt, also

Di:={z:|zγi|ε},füri=1,,k(k1)

p verschwindet auf keiner der k Scheibenränder, also p(z)0, zDi, i=1,,k. Aufgrund der Stetigkeit von p und der Kompaktheit der Ränder, nimmt p jeweils das Minimum und Maximum an. Es gibt also Zahlen mi [i=1,,k, die Minima halt], sodaß

|p(z)|mi,fürzDi,i=1,,k.

Weiter sei

Mi:=maxzDi{|zn1|++|z|+1}

das Maximum von Polynom“resten” auf den jeweiligen Scheibenrändern und sei nun δ so klein gewählt, daß

|p(z)q(z)|δMi,zDi,i=1,,k.

Der obige Satz von Rouché ist nun anwendbar und sagt, daß p und q auf den vollen Scheiben die gleiche Anzahl von Nullstellen besitzen. M.a.W. die Nullstellen sind also nicht “weggelaufen”, sondern haben sich nur jeweils innerhalb der Scheiben bewegt.     ☐

Der Satz sagt nicht, daß die Wurzeln reell bleiben, sofern sie reell waren, bei Variation der Koeffizienten. Eine solche Aussage gilt so nicht. Hierzu bräuchte man stärkere Voraussetzungen.

4. Corollar: Die Eigenwerte einer Matrix hängen stetig von sämtlichen Matrixelementen ab.

Beweis: Die Eigenwerte der Matrix sind die Nullstellen des charakteristischen Polynomes. Die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms hängen als Determinantenfunktion stetig von den Matrixelementen ab. Die Verkettung stetiger Funktionen ist wiederum stetig.     ☐

Das obige Corollar gilt nicht unbedingt für die Eigenvektoren.

5. Beispiel: Siehe Ortega (1972): Die Matrix nach J.W. Givens

A(ε):=(1+εcos2εεsin2εεsin2ε1εcos2ε),ε0,

hat die Eigenwerte 1±ε und die beiden Eigenvektoren

(sin1ε,cos1ε),(cos1ε,sin1ε),

welche offensichtlich gegen keinerlei Grenzwert streben (ε0), jedoch A(ε)(1001) und dies obwohl die Eigenräume jeweils eindimensional und gut separiert sind.

6. Folgerung: Der Nullstellengrad eines Polynomes ist lokal konstant.

Als ein Teilergebnis für Eigenvektoren erhält man

7. Satz: Voraussetzungen: Sei λ ein einfacher Eigenwert von ACn×n und x0 der zu λ gehörige Eigenvektor. Weiter sei EνCn×n beliebig aber derart, daß λ(Eν)λ, falls Eν0, wobei λ(Eν) ein zu A+Eν korrespondierender Eigenwert ist. Die |Eν| seien so klein, daß λ(Eν) ebenfalls einfacher Eigenwert ist und A+Eνλ(Eν)I den Rang (n1) hat, für alle ν.

Behauptung: λ(Eν)νλ und x(Eν)νx, falls Eν0.

Beweis: Weil λ einfacher Eigenwert ist, folgt durch Betrachtung einer Jordannormalform von A, daß AλI den Rang (n1) hat. Somit gibt es Indizes i und j, sodaß

mj(akmλδkm)xm=(akjλδkj)xj,ki.

(δkm Kronecker-Delta) Die Koeffizienten Matrix vor xm ist invertierbar. Sei o.B.d.A. angenommen xj=1,

(jkλ)

Sei nun λ(Eν) der Eigenwert von A+Eν, sodaß λ(Eν)λ, für Eν0; man beachte hier die stetige Abhängigkeit nach obigen Satz. Nach der Folgerung ist die Nullstellenordnung lokal konstant. Nun ist die Matrix A+Eλ(Eν)I nach Streichen der i-ten Zeile und j-ten Spalte ebenfalls eine invertierbare (n1)×(n1) Matrix. Somit besitzt das lineare Gleichungssytem

mj(akmekmλ(Eν)δkm)xm(Eν)=(akj+ekjλ(Eν)δkj),ki

genau eine Lösung xm(Eν) (mj). Diese eindeutig bestimmte Lösung ist eine stetige Funktion in Abhängigkeit von Eν (Cramersche Regel).     ☐

Wenn also die Folge der Matrizen (Eν) so beschaffen ist, daß A+EνλνI stets den Rang (n1) hat, so überträgt sich die stetige Abhängigkeit der Eigenwerte von den Matrixelementen auf eine stetige Abhängigkeit der Eigenvektoren von den Matrixelementen. Falls (Eν) nicht der obigen Rangeinschränkung unterliegt, so liefert der Satz keine Information.